Montag, 11. Oktober 2010

Art of the Islamic World - Auktionen der islamischen Kunst

Letzte Woche war es wieder soweit: Wie jedes Frühjahr und jeden Herbst, fanden in London bei den beiden größten Auktionshäusern Sotheby's und Christie's zum Teil wieder spektakuläre Auktionen mit Kunst aus dem islamischen Kulturraum statt.

Komisch, dass in den Zeitungen darüber so gut wie gar nicht berichtet wird. Das war vor 10 Jahren noch anders, da waren die Feuilletons der Zeitungen mit Lesern aus dem gehobenen Bildungsbürgertum voll von wenigstens kurzen Meldungen. Vielleicht verkauft sich heutzutage eine Meldung mit dem Stichwort Islam und keiner negativen Begleiterscheinung nicht mehr... weder beim Leser, noch beim Chefredakteur?
Nasridisches Schwert, 14. oder 15. Jh, National. Archäol. lmuseum, Madrid


Eigentlich wollte ich euch auch gar keine Zeitungsmeldungen vorstellen, sondern nur auf die tollen Online-Kataloge hinweisen. Ich brauche auch keine Zeitungen, um mich jedes Jahr zweimal auf diese Highlights in meinem Kalender zu freuen.

Nun habe ich aber doch noch einen interessanten Artikel gefunden, der wenigstens Einblicke bietet, auch für diejenigen, deren Englisch nicht so prickelnd ist:


"Islamische Kunst:
Gefecht um einen Ohrendolch 

London hatte die besten Islam-Auktionen seit Jahren. Kunst aus islamischen Ländern und Indien boomt. Die Nachfrage aus den Herkunftsländern wächst. Privatsammler tragen das Geschäft, aber auch Museen sind unter den Käufern.

In der ersten Oktoberwoche 2010 präsentierten die Londoner Auktionshäuser die reichhaltigsten Islamauktionen seit Jahren und entsprechende Spitzenergebnisse.

Der Bereich boomt. Kunst aus den drei großen Kulturbereichen Islam, Indien und dem osmanisch-türkischen Kulturkreis ist bei Sammlern aus wirtschaftlich wachsenden Gebieten begehrt. Sie hat aber auch international wieder mehr Aufmerksamkeit gewonnen.

Sotheby's Experte Edward Gibbs spricht von einer "ungebremst wachsenden Nachfrage nach Kunst aus dem islamischen Raum". (...) Sotheby's nahm in einer umfangreichen Tagauktion vom 6. Oktober 18 Mio. Pfund ein; am Vortag wurde in der ersten Abendauktion des Segments eine "prinzliche Sammlung" für 7 Mio. Pfund verkauft. Beide Auktionen zusammen hatten eine Vorbewertung von 14 Mio. Pfund. Auch nach Losen war der Absatz gut. Christie's verkaufte in der Auktion am Vortag Kunst für 11 Mio. Pfund und setzte dabei 82 Prozent nach Wert ab. (...)
Das wichtigste Los in diesem fast ausschließlich dem Kunsthandwerk vorbehaltenen Auktionen kam fast ganz zum Schluss: ein "Ohrendolch" aus dem Nasridenreich der Emire von Granada. Er war wegen seiner Seltenheit von Sotheby's auf 600/800.000 Pfund taxiert, schlug diese Schätzung aber mit einem Letztgebot von (mit Aufgeld) 3,74 Mio. Pfund oder 4,4 Mio. Euro in den Wind.  Laut Gibbs existieren nur drei vergleichbare Dolche dieser Art, alle in Museen. (...)
Metallarbeiten aus dem osmanischen Raum waren stark. (...)
Die Abendauktion bestand fast durchweg aus Material, das der Londoner Händler David Khalili 1982 in einem Katalog hatte und wohl en block an einen Prinzen aus Nahost verkaufte. (...) Spitzenlos war eine Lüsterschale aus der Zeit der Abbasiden Dynastie (9. Jahrhundert, 713.250 Pfund) und ein 557 Seiten Manuskript mit einem Korankommentar aus dem 16. Jahrhundert für 601.225 Pfund. (...)
Christie's Millionenlos war eine Tür. Eine kostbare und hochkomplizierte Arbeit der Fatimiden Zeit (Ägypten, 13. Jahrhundert) mit Tierdarstellungen in eingelegten Elfenbeinschnitzereien in komplizierten Kreismustern: Ein Nahost-Sammler bezahlte dafür die mittlere Taxe von 1,05 Mio. Pfund (1,2 Mio Euro). Eine nicht weniger beeindruckende Raumdekoration war ein 344 cm breites Gipsrelief aus dem 12. Jahrhundert mit Figuren und Tulpen in geometrisch ausgesparten Medaillons. Diese ungewöhnliche Arbeit der Seldschuken brachte 825.250 Pfund.  Die Käufer kamen aus dem Handel und der Museumswelt, aber die Mehrheit waren Privatsammler. Man kann davon ausgehen, dass in den Herkunftsländern dieser Kunst nun manch neue Sammlung begründet wird."
komplett lesen:
Handelsblatt: Gefecht um einen Ohrendolch

Hier nun die entsprechenden Links zu den Online-Katalogen, die unzählige spannende Informationen enthalten - für denjenigen, den es interessiert...

Sotheby's: ARTS OF THE ISLAMIC WORLD Auflistung (mit teilweise ausführlicheren Beschreibungen als im Katalog)

Sotheby's: ARTS OF THE ISLAMIC WORLD E-Catalogue mit Flash

Sotheby's: A PRINCELY COLLECTION: TREASURES FROM THE ISLAMIC WORLD Auflistung
Sotheby's: A PRINCELY COLLECTION: TREASURES FROM THE ISLAMIC WORLD E-Catalogue mit Flash

Sotheby's Department Islamische Kunst (bzw. Kunst aus dem Nahen und Mittleren Osten)

Abbasidische Lüsterkeramik, 9. Jh, Irak, Louvre Paris

Christie's: Art of the Islamic and Indian Worlds
Christie's: Indian & Islamic Works of Art and Textiles

Christie's Department Islamische Kunst mit Kalender der künftigen Auktionen

Natürlich gibt es im Jahr noch weitere Auktionen auf der Welt, auch von anderen Auktionshäusern. So unterhalten obige beiden Marktführer auch Dependancen z.B. in New York, Paris, Südostasien, usw. wo zu anderen Monaten durchaus mal die eine oder andere interessante Auktion mit islamischer Kunst stattfindet - wenn auch meistens nicht in diesen Dimensionen wie in London.
Islamische Kunst eignet sich meiner Meinung nach vielleicht sogar noch besser als Gold als langfristige Anlage. Die Renditen sind vielleicht je nach Exponat nicht immer vergleichbar, jedoch gibt es durch eine immer größer werdende obere Mittelschicht in Ländern mit islamischer Kulturgeschichte wie der Türkei, Libanon, Syrien, usw. einen immer steigenden Bedarf an Kulturschätzen aus der Vergangenheit. Weiterhin macht sich auch hier auch der Anstieg des Bedarfs aus China bemerkbar, deren Investoren vielleicht weniger aus Sentimentalität und Sammlerleidenschaft handeln, sondern es eher um Investitionen und sichere Geldanlage geht. Immerhin ist durch die Finanzkrise offenbar geworden, dass das viele Geld auf der Welt händeringend nach Investitionsmöglichkeiten gesucht hatte, koste es was es wolle. Dieses spürt auch die islamische Kunst zunehmend.

(Bildquellen: Wikimedia Commons: 1, 2)

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